Kennen Sie die Polizeistation in der Adolf-Bräutigam-Straße 4 in Bad Freienwalde?
Zwischen 1968 und 1987 befand sich auf dem Gelände der heutigen Polizei ein Durchgangsheim. Die Kinder, die man hierherbrachte, wussten häufig weder den Grund für ihre Einweisung noch an was für einen Ort man sie gebracht hatte. Hier würde sich ihr weiteres Schicksal entscheiden. Das Durchgangsheim war kein Ort des Schutzes und der Fürsorge. Wer das Haus verließ, nannte es nicht mehr Heim, sondern Kindergefängnis. Unsere Ausstellung zum Zuhören erzählt Ihnen, warum.
Durchgangsheim. Haben Sie das Wort schon einmal gehört? Der Begriff kommt aus dem System der Heimerziehung in der DDR. In ein Durchgangsheim wurden Kinder dann eingewiesen, wenn die DDR-Jugendhilfe sie zur sogenannten „Umerziehung“ schickte, aber ihnen noch nicht direkt einen langfristigen Platz in einem Heim zuteilen konnte. In dieser Durchgangsstation warteten die Kinder also auf ihre Überweisung in ein Spezialheim oder einen Jugendwerkhof. Unrecht war in diesen Institutionen oft an der Tagesordnung. Bestrafung und Disziplinierung durch Arbeit waren die gewählten pädagogischen Mittel. In Bad Freienwalde wurden die Kinder in den Zellen des alten preußischen Gefängnisbau untergebracht und ihrer Bewegungsfreiheit beraubt.
Die Geschehnisse in den Spezialheimen und Jugendwerkhöfen der DDR ist der gesellschaftlichen Öffentlichkeit noch heute weitestgehend unbekannt. Im Rahmen des Projektes „Miteinander Reden“ der Bundeszentrale für politische Bildung möchten wir nun die Stimmen damaliger Kinder hörbar machen, die im Durchgangsheim Bad Freienwalde gelebt haben. Diese Erinnerungen haben wir für Sie anonymisiert in 6 Stationen eingesprochen. Sie finden unsere Hörstücke auf dieser Website und können sie in beliebiger Reihenfolge anhören. Mit jeder Station erfahren Sie dabei mehr über das Leben hinter den Mauern des ehemaligen Durchgangsheim in der Adolf-Bräutigam-Straße 4.
Natürlich sind die ausgewählten Erzählungen ganz persönlich und unsere Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr hoffen wir eine Anregung zu geben: zum Zuhören, Nachdenken und Nachfragen. Wir hoffen, dass die hier zusammengetragenen, individuellen Erinnerungen diesem besonderen Stück Ortsgeschichte Bad Freienwaldes einen neuen Raum geben und ein Teil der Ortsgeschichte erklingen lassen, um den es immer noch recht still ist.
Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema:
Ein Projekt begleitet vom Netzwerk der Neuen Auftraggeber. Impressum
Website des Vereins des Kindergefängnisses Bad Freienwalde
Informationen zum Durchgangsheim in Bad Freienwalde:
Die eisige Kälte der Macht - Deutschlandfunk
Opfer fordern Rehabilitierung - Deutschlandfunk
Historischer Hintergrund:
Jugendhilfe und Heimerziehung in der DDR
Das Scheitern der Jugendhilfe in der DDR
Geraubte Kindheit - Jugendhilfe in der DDR
Kontakt für Betroffene
Mediation: Holger Friese | Mitarbeit: Clara Schulze | Sprecherin: Irene Baumann | Schnitt & Sound: Paul Abbrecht
Die Gesellschaft der Neuen Auftraggeber – GNA gGmbH
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